PretzellDüsseldorf, 14. Juli.2015. „Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, ob was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.“

Dieser Satz stammt zwar von Jean-Claude Juncker, passt aber laut Marcus Pretzell, Sprecher der AfD NRW, ebenso gut zum aktuellen Vorstoß von Norbert Walter-Borjans zur Bargeldbeschränkung. Der Landesverband wird deshalb in den kommenden Monaten mit Aufklärungskampagnen dazu beitragen, dass möglichst viele Bürger begreifen, was die Deckelung und schließliche Abschaffung des Bargeldverkehrs bedeutet.

Wie so viele Einschränkungen der Eigentumsfreiheit und der informationellen Selbstbestimmung wird auch die Beschränkung des Bargeldverkehrs mit angeblich höherwertigen Zielen begründet: Laut Walter-Borjans ist die Deckelung der Bargeschäfte auf 2000 bis 3000 Euro ein wirksames Mittel zur Bekämpfung von organisierter Kriminalität, Schwarzarbeit und Steuerhinterziehung. „Damit hat der NRW-Finanzminister durchaus Recht,“ kann der Jurist Pretzell bestätigen, „insbesondere für die Hühnerdiebe unter den Steuertricksern wird es kein Entkommen mehr geben. Aber er verschweigt, dass nicht nur Schwarzarbeiter oder unehrliche Wirte gläserne Taschen bekommen, sondern jeder Bürger. Denn bargeldloser Zahlungsverkehr bedeutet die totale Kontrolle über alle Einnahmen und Ausgaben und ermöglicht damit ein nahezu lückenloses Profiling des Konsums, der Freizeitgestaltung und Lebensumstände“.
Wer sich diesem Zugriff durch den Staat beziehungsweise die Geldinstitute verweigert, gilt dann schnell als moralisch verdächtig. Oder wie Walter-Borjans gegenüber der Presse klar stellte: „Schlechte Menschen zahlen bar. 1“
Fraglich ist laut Pretzell aber nicht nur, ob alle „guten Menschen“ einer Totalkontrolle nach  dem Motto „wir haben ja nichts zu verbergen“, zustimmen, sondern auch, ob damit allen „großen Bösewichten“ das Handwerk gelegt werden kann. „Die organisierte Kriminalität dürfte in der Lage sein, ihre Transaktionen weitgehend bargeldlos abzuwickeln. Ganz abgesehen davon, dass gerade in Nordrhein-Westfalen noch nicht alle klassischen Mittel der Kriminalitätsbekämpfung und Prävention so restlos ausgeschöpft sind, dass man nur noch auf die Deckelung des Bargeldtransfers setzen
kann.“

Weit besorgniserregender als diese offenen Fragen sind für den Sprecher des AfD Landesverbandes NRW die nationalen und europaweiten finanz- und wirtschaftspolitischen Konsequenzen einer Bargeldabschaffung. „Die Riege der internationalen Ökonomen, die für einen bargeldlosen Zahlungsverkehr optiert, hat klar gemacht, dass es ihr um die Manipulation der Zinsen und damit des Geldwertes geht,“ erläutert Pretzell. Schon jetzt würden durch die Niedrigzinspolitik die Spareinlagen sukzessive entwertet. Insbesondere langfristige Anlagen wie Lebensversicherungen und Renten verlieren dramatisch an Wert. Kurz: Die Aufbewahrungsfunktion des Geldes ist verschwunden. Damit sollen Konsumanreize gesetzt werden, von denen sich manche Ökonomen den lang erwarteten Aufschwung in der Eurozone versprechen. Pretzell: „Kurzfristige Kaufräusche führen nicht zu einer gesunden Wirtschaft oder einer Rettung der kriselnden Euro-Staaten, sondern nur in Altersarmut und mehr Vermögensungleichheit. Am Ende des Tages sitzen die Normalbürger auf einem Berg von Waren, die sie nicht wieder zu Geld machen können – während die Wohlhabenden in Aktien, Immobilien oder Gold investieren – natürlich bargeldlos.“
Der AfD-Sprecher hofft, dass nicht nur die Bürger Nordrhein-Westfalens nach den vielen gebrochenen Versprechen rund um die Euro-Einführung nun skeptischer gegenüber Eingriffen in das Geldwesen geworden sind – der Landesverband der AfD wird jedenfalls einen Teil dazu beitragen.