Beatrix v. Storch, Patriarch Louis Raphael Sako, Marcus Pretzell

Heute Morgen wurde im Europäischen Parlament sehr kurzfristig ein Treffen von Parlamentariern mit Patriarch Luis Raphael Sako, Erzbischof von Bagdad anberaumt. Mir wurde die Ehre zuteil, die Sitzung zu leiten. Teilgenommen hat auch Beatrix von Storch.

Bis jetzt muss ich gestehen, stehe ich noch sehr unter dem Eindruck dieses freundlichen, gütigen und so verzweifelten Mannes. Der Bericht zur Situation der Christen im Irak war sehr sachlich vorgetragen, die Verzweiflung aber trotzdem mit Händen greifbar. Die Reaktion der Parlamentarier lag irgendwo zwischen Betroffenheit und Hilflosigkeit. Diskutiert wurde dann über den Sacharow-Preis, den das Parlament jährlich an Menschenrechtsaktivisten vergibt und über mögliche Resolutionen des Europäischen Parlamentes. Und das nachdem Patriarch Sarko uns deutlich gemacht hatte, dass derzeit schneller militärischer Schutz vonnöten ist. 2/3 der Christen im Irak sind bereits aus dem Irak vertrieben oder getötet, der Rest steht vor einer äußerst schwierigen Situation, vor dem Winter. Häufig konnten die Menschen nur ihr nacktes Leben retten und haben Haus und alle Besitzstände verloren. Nun leben sie in Notunterkünften, haben Schutz in Kirchen und Schulen gefunden. Was also zu tun ist, ist die Einflussnahme auf die nationalen Regierungen, inklusive der deutschen. Nur die nationalen Regierungen verfügen über die militärischen Mittel, die kurzfristig notwendig sind, um die vollständige Vernichtung christlichen Lebens im Irak zu verhindern. Ich selbst bin kein Christ, aber empfinde es als beschämend, wie schwer sich ausgerechnet in Europa Politiker damit tun, Christen explizit beizustehen. Niemand hier in Europa hätte Bedenken, seine Solidarität mit verfolgten Muslimen zu erklären. Im Falle von Christen ist das fast ein Tabu-Thema. Allenfalls unter Einbeziehung weiterer verfolgter nicht-christlicher Bevölkerungsgruppen, scheint die Benennung auch der Verfolgung und ethnischen Säuberung von Christen „politisch korrekt“ zu sein. Wie weit muss der Selbsthass einer Kultur vorangeschritten sein, wenn man all das, was auch nur annähernd kulturelle Nähe aufweist, so sehr ablehnt. Die Christen im Irak sind Christen aber sie sind auch Menschen und als solche haben Sie Anspruch auf unsere Hilfe, wenn sie von kulturlosen Schlächtern auf bestialische Weise verfolgt werden. Dies ist auch eine religiöse Frage aber sie ist für mich zuerst eine moralische.

Marcus Pretzell

MdEP

Landessprecher NRW

Mitglied im Bundesvorstand