Sven Tritschler
Mitglied im Landesvorstand
Vorsitzender der Jungen Alternative NRW

Seit der Sektsteuer wissen wir: Nichts ist beständiger als eine Steuer. 1902 eingeführt, weil „für die Wehrkraft des Landes auch der Schaumwein herangezogen werden muß“, dürfen wir sie auch knapp hundert Jahre nach Skagerrak noch abdrücken. Und wie alle Steuern landet sie im immer größer werdenden Staatssäckel. Der Solidaritätszuschlag, inzwischen gut zwanzig Jahre alt, hatte auch einen Zweck: Den Aufbau Ost. Und berechtigterweise darf man fragen, ob das noch ein guter Grund ist. Immerhin haben sich die „blühenden“ Landschaften mit einiger Verspätung dann doch vielerorts eingestellt und den schmucken Städten und Städtchen in den neuen Bundesländern sieht man 40 Jahre SED-Regime nicht mehr unbedingt an. Währenddessen kann man an der Ruhr die „Erfolge“ jahrzehntelanger sozialdemokratischer Misswirtschaft beobachten. Der Zustand mancher Städte nähert sich zusehends dem real existierenden Sozialismus der Achtzigerjahre an. Verfall macht sich breit, wer wegziehen kann, zieht weg. Und wer übrig bleibt, mit dem will dann meisten keiner zusammenwohnen. Jahrzehntelang haben Johannes Rau und Co. den Strukturwandel erst ignoriert, dann verzögert und dann verwaltet. Ein paar zusätzliche Probleme, wie beispielsweise eine völlig ungesteuerte Migration haben sie aus ideologischen Gründen und in der Hoffnung auf importierte Wählerstimmen selbst geschaffen und nicht gelöst. Gleiches gilt für die ideologische Windrädchen-Energiepolitik, die der verbliebenen Industrie nun den Rest gibt und die man seit Erscheinen der Grünen im Doppelpack mit der SPD kaufen muss. Bei so vielen linksgrünen Herzensanliegen blieb dann kaum noch Geld für staatliche Kernaufgaben: Straßen mies, Bildung unterdurchschnittlich, Polizei armselig. Gleichzeitig wurde der Beamtenapparat in anderen Bereichen aufgebläht. Dass NRW-Finanzminister Walter-Borjans nun die Ablösung des Solis ablehnt und ihn stattdessen in den eigenen Säckel umleiten möchte, ist vor diesem Hintergrund verständlich. Frau Krafts Haushalt ist seit Jahren verfassungswidrig, NRW auf dem Weg zum Griechenland der Bundesrepublik. Deshalb wird die Beibehaltung der Transfers mit neuer Zielrichtung auch nichts ändern. Die Soli-Mittel würden die Landesregierung von Pflichtaufgaben (Infrastruktur) befreien und ihr weiterhin ermöglichen eine nicht nachhaltige „Heile-Welt-Politik“ zu machen, statt zu bekennen, dass die Taschen leer sind. Transfers zwischen den Bundesländern sind deshalb genauso schädlich wie Transfers zwischen EU-Ländern: Sie sind Verantwortungsdiffusion. Politiker kaufen sich mit Gefälligkeiten Wählerstimmen, die anderswo bezahlt werden müssen. Beispiele gibt es haufenweise:  Berlin vergräbt mit BER Milliarden im märkischen Sand und verschenkt Kindergartenplätze. Davon können die Geberländer im Süden der Republik nur träumen. Der Soli hatte seine Berechtigung. Die Lasten der Wiedervereinigung waren mittelbare Folgelasten des Zweiten Weltkrieges. Wer Pech hatte, lebte in der falschen Besatzungszone, durfte 40 Jahre Sozialismus erfahren und wurde eingemauert. Es war durchaus eine Gemeinschaftsaufgabe, diese Standortnachteile ein Stück weit zu nivellieren. Wenn die NRW-Regierung nun den Soli haben möchte, stellt sie ihre Wirtschaftspolitik im Westen also in eine Reihe mit der von Ulbricht und Honecker. Wenigstens ehrlich. Nur dass uns hier keine Sowjetpanzer beglückten, sondern sozialdemokratische Realitätsverweigerer. Und die sollten nun auch die Verantwortung übernehmen, anstatt das Elend auf Kosten anderer für ein paar Jahre zu verlängern. Bundesfinanzminister Schäuble hat übrigens auch gar nicht vor, den Soli ersatzlos zu streichen. Er will ihn lediglich in andere Steuern einpreisen. Für den Steuerzahler ein Nullsummenspiel, nur dass die Länder so am Aufkommen beteiligt werden. Die Frage ist: Wenn der Solidarpakt bald ausläuft und kein Geld mehr in den Osten fließt, warum schafft man nicht einfach die Steuer ab, die ihn speisen sollte? Aber das kennen wir ja schon von der Sektsteuer…