von Bernd Essler, Düren

Für die neue Kommission unter Jean-Claude Juncker kommen die bevorstehenden wiederholten Brüche des Stabilitätspaktes ungelegen, denn sie erfordern sofortiges und kompromissloses Handeln. Stattdessen hat Juncker das Problem erst einmal vertagt. Bis März 2015 haben nun Frankreich, Italien und Belgien Zeit, ihren Ankündigungen auch Taten folgen zu lassen. Erst dann will sich die Kommission entscheiden, wie sie weiter verfahren wird. Selbst Sanktionen, so heißt es in Brüssel, seien weiterhin eine Option.
Dass tatsächlich Taten folgen und dass infolgedessen Sanktionen ausgesprochen werden, ist ziemlich unwahrscheinlich. Seit Jahren verstößt Frankreich seit Jahren kontinuierlich gegen alle Regeln im Zuge des Wachstums- und Stabilitätspaktes. Und die politischen Zusagen haben sich im Nachhinein stets in Luft aufgelöst. Konsequenzen hat bis heute keine gegeben. Warum sollte es diesmal anders sein.
Juncker hat selbst die Möglichkeit ausgeschlossen, Strafmaßnahmen zu ergreifen. Wer öffentlich die Befindlichkeiten einzelner Mitgliedstaaten über die gemeinsamen Spielregeln stellt, wer es den diesen Mitgliedstaaten faktisch selbst überlassen will, ob und wie sie gegensteuern wollen, der dokumentiert damit, dass ihm jede Autorität fehlt, solche Strafmaßnahmen auch durchzusetzen. Dabei war es gerade Juncker, der den stetigen Bedeutungsverlust der Kommission endlich stoppen wollte. Alle anderen Mitgliedsstatten werden diese Verhaltensweise aufmerksam registrieren und bei Gelegenheit, nämlich dann, wenn sie selbst gegen Vertragskriterien verstoßen, werden sie auf die fortgesetzten folgenlosen Missachtungen der vertraglichen Festlegungen durch andere verweisen. Die Verträge sind nur noch Makulatur. Niemand muss irgendwelche Strafmaßnahmen fürchten.
Der Stabilitätspakt ist also nur noch Fassade. Immer wieder ist er in den letzten Jahren reformiert und angeblich verbessert worden. Mit „Two“- und „Sixpack“ gibt es inzwischen komplizierte Verfahren und Frühwarnsysteme, um die Haushalts- und Wirtschaftspolitik in den Mitgliedstaaten endlich besser zu koordinieren und aufeinander abzustimmen. Wozu solche Anstrengungen, wenn am Ende jeder macht, was er will ? Die Gemeinschaft ist faktisch bereits aufgehoben worden. Das Ziel, eine abgestimmte und koordinierte Wirtschaftspolitik durchzusetzen, ist gescheitert. Damit fehlt auch jede Basis für eine gemeinsame Währungspolitik.