22. Juni 2016. Das Bundesverfassungsgericht hat mit seiner Entscheidung vom 21. Juni 2016 zum Ankaufsprogramm der EZB (OMT – Outright Monetary Transactions) sich selbst abgeschafft. Es hat erklärt, dass es bei Entscheidungen der EU-Organe (EZB ist ein solches) nur noch dann eingreift, wenn praktisch der Bestand unseres Landes gefährdet ist (Art. 79 Grundgesetz (GG).

Das ist jedenfalls der Begründung zur Entscheidung, verkündet durch die Pressestelle des Gerichts, zu entnehmen. Es macht also wenig Sinn, weiterhin Verfahren vor diesem Gericht gegen politische Entscheidungen zu betreiben. Nur politische Entscheidungen können auch zur Änderung von politischen Entscheidungen dieser Art führen. Damit hat Draghi zumindest aus Deutschland die Absolution erhalten für seine Verhaltensweise und darf weiterhin ungebremst Staatsfinanzierung betreiben – ohne Limit bis der Arzt kommt. Der Arzt wird in diesem Fall irgendwann in Gestalt der internationalen Kapitalmärkte kommen, wenn die irgendwann bei dieser Zinspolitik nicht mehr mitspielen wollen.

Verkäuflich sind diese Mengen an Anleihen, die die EZB angekauft hat, im Übrigen schon lange nicht mehr, und schon gar nicht zu den Einstandspreisen der EZB. Viele fragen deshalb auch, warum Draghi dies überhaupt macht und welche Effekte dies bewirken soll.

Er begründet dies damit, den Marktzins künstlich senken zu wollen, um damit Investitionen auszulösen, die sonst nicht getätigt worden wären. Das ist grober Unfug. Keine sinnvolle Investition ist jemals durch die Zinskalkulation verhindert worden, zumal die meisten Unternehmen ohnehin keinen Kredit brauchen. Dagegen entstehen durch die gegenwärtige Zinslandschaft absurde Preisblasen, weil die Investoren aus dem Anleihemarkt verdrängt werden und ausweichen in unternehmerische Risiken wie Aktien, den Immobilienmarkt und Rohstoffe, alles Bereiche mit großer Volatilität und hohem Risiko. Das erschwert oder verhindert gar eine risikoarme Altersvorsorge.

Es ist durch Studien und Modellrechnungen inzwischen längst bewiesen, dass der Wachstumseffekt durch dieses Programm praktisch Null ist. Was allerdings wachsen wird und das steht auch schon fest, das ist die Geldmenge (M3) und mit ihr die Inflation, und dann werden wir einen doppelten Negativeffekt bekommen: Wir werden bei Negativzinsen einen deutlichen permanenten Kaufkraftverlust wahrnehmen, der sich immer weiter vergrößern wird, so dass unser in Kaufkraft verfügbares Nettoeinkommen stetig sinken wird. Das ist noch schlimmer als eine Steuer. Die bekommt man nämlich vorgerechnet und man kann nachrechnen.

Ich will aber nicht verschweigen, dass diese auch einen positiven Effekt hat. Und deshalb habe ich den Verdacht, dass seine Politik durchaus von allen wichtigen Kräften der europäischen Politik sogar gedeckt wird.

Steuererhöhungen sind bekanntlich unpopulär und in Wahljahren für die betreffenden Politiker tödlich. Wenn man den gleichen Effekt der Haushaltsentlastung durch die EZB-Politik erzielen kann statt Steuererhöhungen vorzunehmen, ist das doch viel eleganter. Die deutschen Haushalte (Bund, Länder, Kommunen etc.) werden durch mehrstellige Milliardenbeträge entlastet und eine weitere Neuverschuldung wird spielend verkraftet. Das gilt nicht nur für Deutschland. Das Land mit der höchsten Verschuldung in absoluten Zahlen ist Italien und nicht Griechenland. So erspart sich unpopuläre Reformen. Alles geht weiter so, wie bisher. Ist das nicht schön ? Aber ist Draghi nicht auch Italiener und möglicherweise der nächste Präsident Italiens ?

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Bernd Essler

Der finanzpolitische Sprecher der AfD NRW Bernd Essler ist Vorsitzender der AfD-Stadtrats­fraktion Düren und stellvertretender Sprecher des Kreisverbandes. Finanzwirtschaftliche Erfah­rungen sammelte der 65jährige Jurist u.a. als international aktiver Investmentmanager sowie als langjähriges Aufsichtsratsmitglied einer mittelständischen Stahlgesellschaft.

Kontakt: Bernd.Essler@gmx.de (Bild: AfD NRW)