Man kann den Systemparteien im Düsseldorfer Landtag vorwerfen, was man will, aber eines sicher nicht: dass sie sich bei Ihrem Beutezug aufhalten lassen. Nicht einmal von der ihr grundsätzlich äußerst gewogenen Presse, die in Erwartung eines der Demokratie unwürdigen Schauspiels, wie es bei der Wahl der Landtags(vize)präsidenten zu erwarten war, durchaus kritisch zur Mäßigung aufrief.

Mäßigung? Warum? Ist eine Abstrafung zu befürchten? Nein! Also ran an die Buletten!

Die Buletten gibt es in Form einer saftigen Gehaltserhöhung und kleiner Petitessen z.B. in Form eines Audi A8. Was für den, den es nun „getroffen“ hat, eine logistische Unbequemlichkeit erfordert: als Grüner muss er ein paar hundert Meter vor dem Landtagsgebäude immer umständlich auf Fahrrad oder eMobil umsteigen, um zumindest nach außen hin den Anschein zu erwecken, noch einen winzigen Rest von Anstand oder politischer Glaubwürdigkeit zu besitzen. Auch wenn natürlich jeder weiß, dass man es mit Beutegermanen reinsten Wassers zu tun hat.

Oliver Keymis profitierte von dem offenen Bruch bisheriger demokratischer Traditionen. Nach dem CDU-Abgeordneten André Kuper als neuem Landtagspräsidenten wurden die bisherige Landtagspräsidentin Carina Gödecke (SPD) und Angela Freimuth (FDP) zu Landtagsvizepräsidentinen gewählt. Nach den bislang üblichen parlamentarischen Gepflogenheiten hätte der noch freie Posten eines Landtagsvizepräsidenten der AfD als viertstärkste Fraktion in personam Herbert Strotebeck zugestanden. Doch gemäß der vorher in Hinterzimmern getätigten Absprachen stimmten 177 der insgesamt 199 Abgeordneten für den Grünen-Abgeordneten Oliver Keymis.

An dieser Stelle wurde selbst die ansonsten brav regierungstreue WELT stutzig und tadelte: „Alle vier Fraktionen hatten bekräftigt, die AfD sachlich und argumentativ widerlegen zu wollen. Aber wie sachlich kann eine Debatte werden, die mit einem solchen Tritt vors Schienbein beginnt?“

Ganz ernsthaft: Den Fehler, sich der AfD sachlich und argumentativ zu nähern, werden die Systemparteien nicht machen. Das wäre der Anfang ihres Endes.