Sagt Jean Claude Juncker. Und er meint mit dieser pauschal abwertenden Aussage alle politischen Bewegungen in den Mitgliedsstaaten, die sich erdreistet haben, bei der Wahl zum Europäischen Parlament €-kritisch bzw. EU-skeptisch zu wählen. Als Extremisten beliebt Juncker solche Unionsbürger und Parteien in den Medien zu bezeichnen, die der Fraktion der Europäischen Volksparteien, welcher er angehört, massive Verluste zugefügt haben.

Der springende Punkt nach der Wahl zum Europäischen Parlaments ist also: wer wird nun unter Berücksichtigung des Wahlergebnisses – so der Vertrag von Lissabon – zum neuen Präsidenten der Europäischen Kommission gewählt ? Das politische Finassieren – spät, aber jetzt auch Angela Merkel – und das mediale Rauschen ist bereits im vollen Gange und wird bis zur Wahl Mitte Juli uns alle noch in Atem halten. Lassen wir uns zwischendurch bitte nur nicht von der Fußball WM im fernen Brasilien ablenken !

Die fünf von den Mitgliedern des Europäischen Parlaments (MdEPs), genauer von deren Fraktionen, nominierten Spitzenkandidaten, sind – einmal im umgekehrter Reihenfolge aufgezählt – Alexis Tsipras (linker Grieche), Ska Keller (deutsche Grüne), Guy Verhofstadt (liberaler Belgier), Martin Schulz (sozialdemokratischer Deutscher) und eben jener Jean Claude Juncker (konservativer Luxemburger). Diese Kandidaten spiegeln die Zusammensetzung des alten Parlaments wider. Seit dem 25. Mai hat sich aber Grundlegendes verändert.

Die einzelgrößte Fraktion der Europäischen Volksparteien hat massiv Stimmen verloren und kommt jetzt nur mehr auf 28,5 % der Sitze. Die Sozialdemokraten haben gut zugelegt und erreichen jetzt 25,4 % , die Liberalen haben heftig – und die Grünen etwas – verloren und finden sich bei nur mehr 8,5% bzw. 6,9% wieder. Die €-kritischen und EU-skeptischen Parteien in den Mitgliedsstaaten haben indes erdrutschartige Wahlergebnisse erzielt, was zu einem deutlichen Zuwachs an Sitzen im Europaparlament geführt hat.

Wenn diese Wahl mit den dramatischen Veränderungen hin zu EU kritischen Kräften unterschiedlicher Ausprägungen irgendetwas zu bedeuten hat, dann dieses: die neuen MdEPs dürfen bei Berücksichtigung des Wahlergebnisses Jean Claude Juncker in keinem Falle mehrheitlich ihre Stimmen geben. Er ist nun wirklich als langjähriger Chef der Eurozone d e r Spitzenrepräsentant des ancien régime, welches der EU durch eine verantwortungslose Wirtschafts- und Währungspolitik das größte Finanzdebakel aller Zeiten eingebrockt hat. Mit ihm kann und wird es keine grundlegende Reform der EU und des Euro geben. Jegliches Regierungsprogramm, mit welchem er sich dem Parlament und dem Rat als potentieller Kommissionspräsident empfehlen wird, sollte von jedem MdEP mit mehreren Prisen Salz genossen werden. Man weiß, dass er mit stoischer Miene blanke Lügen von sich geben kann und diese noch mit einem Schuss Sarkasmus würzt.

Verbleiben die eine Kandidatin und die drei anderen Kandidaten, welche zumindest mit Juncker völlig einer Meinung sind, dass weitere Kandidaten nicht mehr zum Zuge kommen können bzw. dürfen. Weitere Kandidaten, die nachweislich eine glaubwürdige Reformagenda für Europa verkörpern, ausweislich des Wahlergebnisses nicht mehr zur Wahl des Kommissionspräsidenten zuzulassen, wäre eine gravierende Missachtung des demokratisch geäußerten Wählerwillens.

Die erste große politische Aufgabe unserer sieben MdEPs wird es also sein, konzertiert und schnell Mittel und Wege in Straßburg und Brüssel zu finden, um eine Wahl von Jean Claude Juncker zu verhindern, wie z.B. Fühlungsnahmen mit Blick auf Fraktionsbildungen, Stimmenpool Vereinbarungen mit gleichgesinnten MdEPs, erste aufrüttelnde Reden im neugewählten Parlament , Pressearbeit, etc. Und andererseits einem anderen Kandidaten das Vertrauen auszusprechen, von dem man ein gewisses Maß an Veränderungs- und Reformwillen im Sinne der AfD erwarten darf.

M. W. P.