Dr. Hermann Behrendt
stellvertr. Sprecher d. AfD NRW
 

Es gibt einen großen Wahlgewinner bei den Landtagswahlen in Thüringen und Brandenburg: die Alternative für Deutschland. Das in beiden Wahlen zweistellige Ergebnis für die AfD ist phantastisch und zeigt, daß die Zeit reif ist für eine alternative Politik.

Es gibt aber in Thüringen auch einen Wahlverlierer, den die Wähler regelrecht abgestraft haben: die SPD. Gegenüber dem letzten Landtagswahlergebnis verlor die SPD rund ein Drittel und landete bei 12,6%. Das Kuriose ist aber, daß es in Thüringen keine Regierung ohne die SPD geben wird: Entweder kommt es zur großen Koalition zwischen CDU und SPD oder SPD und Grüne verhelfen den Linksradikalen zum ersten Ministerpräsidentenposten. Dem Wahlverlierer kommt damit eine Macht zu, die eklatant dem Wählerwillen widerspricht und im Mißverhältnis zu dem Stimmenanteil steht. Berücksichtigt man die Wahlbeteiligung, haben nur rund 7% der Wahlberechtigten der SPD, die jetzt Zünglein an der Waage spielt, ihre Stimme gegeben.

Unser Wahlsystem will es so. Wir wählen blind, denn erst nach Vorliegen des Wahlergebnisses entscheiden die Parteien, mit wem sie koalieren wollen. Eine in manchen Fällen vor der Wahl verkündete Wahlaussage ist unverbindlich und kann jederzeit durch einen nach der Wahl stattfindenden Parteitag kassiert werden. Auch das Regierungsprogramm wird erst nach der Wahl in der Koalitionsvereinbarung festgelegt. Wieviel von dem Wahlprogramm der Partei, die man gewählt hat, dann tatsächlich Eingang in die Koalitionsvereinbarung gefunden hat, ist je nach dem eine angenehme oder enttäuschende Überraschung.

Das Wahldilemma der Thüringenwahl ist kein Einzelfall, sondern systembedingt. Nach 16 Bundestagswahlen hat die SPD fünfmal den Kanzler gestellt, obwohl ihr Kandidat nur dreimal – 1972, 1998 und 2002 – in der Gunst der Wähler vorne lag.  Franz Josef Strauß erhielt 1980 mehr Stimmen als Helmut Schmidt und 1976 schnitt Helmut Kohl besser ab als Helmut Schmidt. Trotzdem wurden sie damals nicht Kanzler, weil sich die FDP anders entschied.

Die Landtagswahl in Thüringen bietet einmal mehr Anlaß, über Alternativen nachzudenken. Die Zeit der absoluten Mehrheiten für eine Partei ist vorbei.  Es wäre deshalb schon viel geholfen, wenn alle Parteien gezwungen wären, vor der Wahl eine verbindliche Koalitionsaussage zu treffen und sich darüber hinaus auch  für die beabsichtigte Koalition inhaltlich festzulegen.